Die Online-Marktplätze stellen einen Vertriebskanal, von dem die Händler kostengünstig und ohne großen Mehraufwand Gebrauch machen können, dar. Allerdings ist es empfehlenswert, die Chancen und die Risiken gründlich abzuwägen.
Die Online-Marktplätze breiten sich sehr schnell aus. Seit dem Zeitpunkt als die Vorreiter Ebay und Amazon zu einem unentbehrlichen Bestandteil der digitalen Ökonomie geworden sind, herrscht ein regelrechter Plattform-Boom. Seit dem Jahr 2013 finden immer mehr spezialisierte Online-Marktplätze ihren Platz in der Nische – die Tendenz steigt weiter. Zu den Treibern dieser Entwicklung gehörten die Vermittlungsplattformen wie Lieferheld und Lieferando.de: Über diese Plattformen werden seitens der Restaurants die Speisen einer breiten Masse an Kunden angeboten, die von einer großen Auswahl unterschiedlichster Gerichte profitieren, welche die Kunden einfach bestellen können und bequem nach Hause geliefert bekommen. Das ist eine Situation, die für alle Beteiligten Vorteile bietet.
Einfach und kostengünstig
Den Händlern werden gleich mehrere Vorteile gewährt, um ihre Produkte über die Online-Marktplätze veräußern zu können. Eine derartige Plattform ist ein zusätzlicher Vertriebskanal, von welchem die Händler kostengünstig und ohne großen Aufwand Gebrauch machen können. Falls die Händler bereits einen eigenen Onlineshop betreiben – was in der Regel der Fall ist –, dann müssen diese keine Infrastruktur aufbauen, um ihre Waren auf dem Online-Marktplatz zur Verfügung stellen zu können. Sämtliche wichtigen Bestandteile, wie beispielsweise die Produktbilder, die Produktbeschreibungen etc., sind bereits verfügbar und lassen sich auf dieser Plattform mit einem minimalen Aufwand einsetzen.
Die Onlinehändler müssen sich weder mit den Betrieb der Plattform noch mit dem begleitenden Marketing oder der Suchmaschinenoptimierung befassen. Für die Händler besteht sogar die Möglichkeit, vom zentralen Marketing des Online-Marktplatzes zu profitieren, beispielsweise indem diese an einer Gutscheinaktion teilnehmen. Die Onlinehändler machen von der verfügbaren Infrastruktur der Plattform Gebrauch, ohne etwas in finanzieller Hinsicht zu riskieren. Es ist allgemein bekannt, dass die Plattformbetreiber von dem teilnehmenden Onlinehändler eine Provision in einer zuvor festgelegten Höhe erhalten, falls die Kunden ein Produkt käuflich erwerben. Dementsprechend können die Onlinehändler die Risiken, jedoch auch die Chancen im Vorfeld sehr genau abschätzen und sich auf der Basis einer verbindlichen Kosten-Nutzen-Analyse für den Vertrieb ihrer Produkte auf einem Online-Marktplatz entscheiden.
Ein digitaler Schaufensterbummel
Ein weiterer großer Vorteil ist in der Möglichkeit vorhanden, neue Zielgruppen und Kundensegmente zu erschließen. Wenn sich ein Fashion-Händler in seinem eigenen Onlineshop beispielsweise mehr auf die Business-Casual-Mode konzentriert, dann kann er über die Plattform auch sportlich gekleidete Menschen erreichen, die auf der Suche nach einem Outfit für ein Vorstellungsgespräch sind und auf diese Weise seine Reichweite deutlich erweitern. Gerade die Tatsache, dass so viele unterschiedliche Händler eine große Auswahl ihrer Produkte auf einer einzigen Plattform zur Verfügung stellen, ist für die Kunden ein großer Mehrwert.
Die Möglichkeit, auf einem Marktplatz mit einem riesigen Sortiment das Gesuchte zu entdecken, ist erheblich größer als in einem Onlineshop eines bestimmten Labels, welches lediglich seine eigenen Produkte präsentiert. Viele Besucher stöbern auf der Plattform und machen auf diese Weise einen digitalen Schaufensterbummel – dabei wissen diese noch nicht, was genau sie käuflich erwerben möchten. Sobald die eigenen Produkte in der Trefferliste erscheinen (Cross-Selling), dann existiert eine realistische Chance, die Laufkundschaft im Internet auf sich aufmerksam zu machen und für sich zu gewinnen.
Die Risiken abwägen
Es ist unstreitig, dass derartige Plattformen viele Vorteile bieten. Sich jedoch vorschnell in das Abenteuer Online-Markplatz zu stürzen, ist für die Händler die verkehrte Vorgehensweise. Es existieren durchaus Risiken, die man gründlich abwägen sollte. Auf diese Weise sollten sich die Händler die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) und die Widerrufbestimmungen der Plattformbetreiber genau anschauen, da diese für sie verpflichtend sind, sobald sie auf dem Online-Marktplatz tätig werden. Bezüglich der Preisgestaltung ist ebenfalls Vorsicht geboten. Angesichts der zu erwartenden höheren Umsätze auf der Plattform haben die Händler die Möglichkeit, ihre Preise dort niedriger zu gestalten als in ihrem eigenen Shop.
Hierbei besteht jedoch die Gefahr, die dort befindlichen Umsätze durch die Plattform zu vernichten. Die Einzelhändler müssen demnach ganz genau wissen, welche Artikel, wo und zu welchem Preis ihrerseits veräußert werden können, um einen möglichst großen Umsatz zu realisieren. Bezüglich des Umganges mit den Warenbeständen ist eine ähnlich überlegte Vorgehensweise empfehlenswert. Die exakte Überwachung der Produktverfügbarkeit ist ein entscheidendes Erfolgskriterium, falls die Händler ihre Produkte über verschiedene Kanäle verkaufen. Das Risiko, die Kunden zu verärgern oder sogar zu vergraulen, ist extrem groß, falls die vermeintlich vorrätigen Produkte doch nicht verfügbar oder erst nach einer langen Wartezeit lieferbar sind. Um dies zu verhindern, sollten die Einzelhändler entweder getrennte Sortimente verwalten oder eine Technologie verwenden, die eine kanalübergreifende Steuerung der Verfügbarkeit in Echtzeit ermöglicht.
Darüber hinaus befinden sich dort noch die Online-Marktplätze der Marktführer Amazon und Ebay, die mittlerweile über eine sehr große Marktmacht verfügen. Diese sind als Plattform-Giganten in der Lage, die Rahmenbedingungen zu beeinflussen, etwa indem sie die Preise und die Lieferfristen festlegen. Das verstärkte Aufkommen spezialisierter Nischen-Marktplätze bietet diesbezüglich eine große Chance: Indem Amazon und Ebay die Marktanteile weggenommen werden, kann die Macht der Big Player zukünftig verringert und somit für einen faireren Wettbewerb gesorgt werden.
Die Produktinformationen und die Preise automatisch ausschalten
Die Händler sollten bei ihrer Entscheidung, auf einem Online-Marktplatz tätig zu sein, auch die technischen Aspekte berücksichtigen. Zwecks Vermeidung eines erheblichen Mehraufwandes, ist es empfehlenswert, sich sowohl auf der Plattform als auch im eigenen Onlineshop derselben Produktdatenbank zu bedienen. Andernfalls kann es notwendig sein, die Bilder und die Beschreibungen doppelt zu verwalten und zu pflegen, was sehr ineffizient ist. Darüber hinaus ist die Möglichkeit wichtig, die Änderungen hinsichtlich der Preise oder der Verfügbarkeiten zügig ausführen zu können. Wenn ein Händler die Preise in seinem Shop aktualisiert, dann sollte dies zeitnah auch auf dem Online-Marktplatz geschehen – idealerweise in Echtzeit.
Seitens des Plattformbetreibers ist es diesbezüglich erforderlich, dass dieser eine Technologie verwendet, die mit einer Funktion der automatisierten Datenübergabe ausgestattet ist: Ausschließlich dann besteht die Möglichkeit, die Änderungen in den Systemen des Einzelhändlers vollautomatisiert in die Datenbank des Online-Marktplatzes zu übernehmen. Des Weiteren müssen die Betreiber eine Reihe an Voraussetzungen erfüllen, damit die Händler auf ihrer Plattform tätig werden und diese dementsprechend erfolgreich machen können.
Die Zahlungsabwicklung über ein BaFin-zugelassenes Zahlungsinstitut
Die Zahlungsabwicklung stellt ein wichtiges Erfolgskriterium dar: Gemäß dem Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) sind die Finanztransfergeschäfte im Sinne des § 1 Satz 2 Nr. 6 ZAG genehmigungspflichtig, das bedeutet, dass die Plattformbetreiber in der Regel eine Erlaubnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) benötigen, falls diese beabsichtigen, die Geldtransfer-Dienste von dem Kunden zu dem Verkäufer abzuwickeln – dies stellt ein kostenintensives Verfahren dar. Es existiert jedoch eine einfache Alternative: Die Zusammenarbeit mit einem seitens der BaFin zugelassenen Zahlungsinstitut. Mithilfe von einem derartigen Zahlungsinstitut ist es möglich, die Transaktionen sicher und zuverlässig zu realisieren.
Zwischen dem Plattformbetreiber und dem Zahlungsdienstleister wird einen Rahmenvertrag abgeschlossen, während die Händler sodann einen Einzelvertrag mit dem Zahlungsinstitut vereinbaren. Der Geldfluss wird wie folgt ausgeführt: Der Zahlungsdienstleister erhält sämtliche Rechnungsbeträge von den Kunden des jeweiligen Händlers und zahlt die Umsätze, abzüglich einer Provision für den Plattformbetreiber, an den jeweiligen Händler aus.
Der schnelle und unkomplizierte Onboarding-Prozess ist eine unabdingbare Voraussetzung
Für eine möglichst attraktive Gestaltung dieses Modells ist ein automatisierter und browserbasierter Onboarding-Prozess empfehlenswert. Bestenfalls stellt der Plattformbetreiber dem Zahlungsinstitut die Daten der neuen Händler bereits im Vorfeld zur Verfügung, damit dieses die verfügbaren Informationen in das System einfügen kann. Ein Internet-Assistent unterstützt bei sämtlichen erforderlichen Schritten bezüglich der Anmeldung.
Diesbezüglich lassen sich die möglicherweise fehlenden Informationen vervollständigen und/oder die erforderlichen Dokumente hochladen. Alternativ wird seitens des Zahlungsinstitutes die komplette Anmeldung als Dienstleistung übernommen. Durch einen automatisierten Onboarding-Prozess wird es den Betreibern ermöglicht, die Händler mit einem möglichst geringen Aufwand in eine Plattform einzugliedern. Dabei sind grundsätzlich sämtliche relevanten Prüfungen, wie beispielsweise ein Compliance Check und die Identifizierung, dergestalt optimiert, sodass die Händler innerhalb von lediglich 24 Stunden freigeschaltet werden können. Diese haben sodann die Möglichkeit, im weiteren Verlauf der Zusammenarbeit über eine Payment-Schnittstelle sämtliche Umsätze und Zahlungsflüsse jederzeit einzusehen.
Die Abwicklung gemischter Warenkörbe
Die Plattformbetreiber sollten bei ihrer Entscheidung für ein Zahlungsinstitut unbedingt darauf achten, dass dieses die gemischten Warenkörbe abwickeln kann – dies stellt eine äußerst komplexe Vorgehensweise dar. Für ein Maximum an Kundenfreundlichkeit und Usability sollten die Kunden die Möglichkeit haben, die Produkte verschiedener Händler in einem einzigen Checkout-Vorgang käuflich zu erwerben und zu bezahlen. Diesbezüglich ist es erforderlich, dass eine korrekte Verteilung der Bestellungen und der Transaktionen auf die jeweiligen Lieferanten stattfindet. Ferner ist es ebenso wichtig, dass der Kunde die Möglichkeit hat, die einzelnen Produkte einer umfangreicheren Bestellung zu stornieren bzw. dass eine Lieferung der verfügbaren Waren auch dann erfolgt, wenn ein Produkt aus der Gesamtbestellung nicht lieferbar ist. Selbstverständlich muss der Zahlungsdienstleister bei der Speicherung und der Verarbeitung der sensiblen Zahlungs- und Kundendaten die höchsten Sicherheitsstandards erfüllen.
Kein Risiko eingehen
Die Übergabe der Zahlungsabwicklung an einen spezialisierten Dienstleister bietet für den Plattformbetreiber auch im Schadenfall einen entscheidenden Vorteil: Aufgrund der Tatsache, dass der Betreiber als technischer Dienstleister ausschließlich die Infrastruktur, nämlich die Plattform, zur Verfügung stellt, ist es der Händler, der einen Vertrag mit den Endkunden abschließt und daher für die Schadensregulierung zuständig ist.
Für den Eintritt eines eventuellen Zahlungsausfalls sollte die Payment Software mit der Komponente eines automatisierten Mahnwesens ausgestattet sein, welches im Falle einer ausstehenden Forderung oder bei den Rückbelastungen automatisch veranlasst wird. Darüber hinaus sollte der Mahnlauf individuell auszurichten sein. Idealerweise sollte das Zahlungsinstitut ein integriertes Risikomanagement anbieten, sodass die Zahlungsausfälle gar nicht erst auftreten: Auf der Basis von verschiedenen Risiko-Checks sollte eine automatisierte Auswahl der Zahlungsmittel stattfinden, damit die unsicheren Zahlungsarten, wie beispielsweise der Rechnungskauf, den potenziellen Schuldnern nicht zur Auswahl stehen. Auf welche Weise sich der Risiko-Check gestalten und realisieren lässt, ist individuell festzulegen.
Das Produkt und die Branche als Erfolgsfaktoren
Allerdings sind nicht alle Produkte für einen Vertrieb über den Online-Marktplatz geeignet. Bei der Unterhaltungselektronik beispielsweise ist die Gewinnspanne zu niedrig, sodass es einem Händler nicht möglich ist, den Plattformbetreiber für seine Vermittlung zu entlohnen. Es existieren jedoch umfangreiche erfolgreiche Beispiele aus dem B2C-Umfeld, beispielsweise im Möbel- und Fashion-Handel: Statt im Möbelhaus, im Shoppingcenter oder in der Innenstadt einzukaufen, können die Konsumenten auf einem Online-Marktplatz ein ebenso großes, wenn nicht sogar größeres, Warenangebot an Einrichtungsgegenständen oder Bekleidung sämtlicher Stilrichtungen sowie in allen Preisklassen ausfindig machen.
Ein weiteren Bereich, in dem sich die Online-Marktplätze immer größerer Beliebtheit erfreuen, stellen die Portale für die Preis-, Tarif- oder Anbietervergleiche dar. Außer der reinen Angebotsvermittlung wird über viele dieser Plattformen mittlerweile auch der Rechnungskauf realisiert. Dasselbe gilt für die Vermittlung der Reinigungs- und Pflegekräfte, die ihren Service auf einer Plattform anbieten. Darüber hinaus haben sich die Online-Marktplätze auch im B2B-Bereich etabliert, beispielsweise im Bauwesen: Statt die einzelnen Baustoffe in verschiedenen Onlineshops zu kaufen oder über die stationären Händler beziehen zu müssen, haben die Baufirmen die Möglichkeit, sämtliche Materialien, die diese für ein Bauvorhaben benötigen, auf einer einzigen Plattform zu bestellen. Somit steht fest: Mit den geeigneten Produkten in der richtigen Branche sind die Online-Marktplätze für die Händler ein attraktiver Verkaufskanal, über den diese ihre Reichweite unkompliziert erweitern und ihren Umsatz erheblich steigern können, wenn die Plattformbetreiber die erforderlichen Voraussetzungen geschaffen haben.