10.09.2018
Eine Single-Sign-on-Lösung, die von deutschem Datenschutz geprägt ist, ist seit Jahren etwas, worum verschiedene Unternehmen ringen und demnächst wird bereits der zweite Dienst dieser Art mit NetzID starten. NetID verspricht einen Login-Schlüssel für viele Webseiten!
Datenschutz freundliche Login-Lösung
Wenn es darum geht, dass eine Vielzahl von Partnern unter einen Hut gebracht werden muss, dann können die Dinge schon mal etwas länger dauern und so ist dies bei NetID der Fall, bei welchem es um einen Standard für einen deutschen Single-Sign-on-Dienst geht, welcher schon mehrere Jahre lang im Gespräch ist. Im Rahmen einer Stiftung planen diverse Internetunternehmen wie die RTL-Gruppe, Pro-Sieben-Sat.1 und auch der United-Internet-Konzern – zu welchem zusätzlich zu Web.de und GMX noch weitere zahlreiche Unternehmen des Internets gehören – mit europäisch geprägten Datenschutzrichtlinien und mit deutscher Handschrift geprägte Datenschutz freundliche Login-Lösung. Ein von der European NetID Foundation geplantes Etablissement eines Standards, welches flächendeckend in ganz Europa privacy-geschützte und sichere Logins anbieten wird – mit dem Facebook- oder Google-Login vergleichbar – soll hier Abhilfe schaffen, da es auch für andere zahlreiche Dienste fungiert.
Der Grund, weshalb inzwischen über ein Jahr seit der Vorstellung der Idee vergangen und noch immer kein fertiges und vorzeigbares Produkt verfügbar ist, liegt neben zahlreicher technischer Gründe wohl auch an der großen Anzahl an Partnern, die für dieses Projekt eines ins Boot geholt werden sollen. Solch ein Standard wird nämlich erst dann wirklich erfolgreich, wenn er bereits von Anfang an eine hohe Anzahl an Nutzungsszenarien unterstützt und genügend Partner sich mit an Bord befinden.
Partnerschaft mit Otto und Zalando
Aufgrund seiner Ausrichtung und seiner Größe ist Zalando ein attraktiver Partner für das System, welcher bereits im Frühjahr als Partner vermeldet werden konnte. Des Weiteren vermelden nun die NetzID-Initiatoren die Partnerschaft mit der Otto-Group und seinen etwa 25 Millionen registrierten Kunden und unzähligen Webshops beginnend von Otto und SportScheck bis zu About You und Bonprix bis schließlich hin zu Limango und MyToys. Diese Partnerschaften verzeichnen einen großen Erfolg, da man wohl Amazon als den größten Player auf diesem Gebiet eher nicht dazu bringen kann, sich diesem Projekt anzuschließen. Doch immerhin sind die zwei Schwergewichte Zalando und auch Otto im europäischen und deutschen eCommerce mit am Start. So erklärt der stellvertretende Vorsitzende der Otto-Group, Rainer Hillebrand, dass diese gerade in Zeiten der Digitalisierung einen transparenten und auch fairen Wettbewerb sicherstellen müssen und es sie freut, dass sie nun gemeinsam mit anderen Unternehmen der deutschen Digitalwirtschaft ein signifikantes Zeichen in diese Richtung gehend setzen können.
Alles nicht so einfach!
Zunächst war mal von Anfang September die Rede für den Start des Projekts, doch bisher ist der Termin hierfür weiterhin völlig unklar. Doch laut Branchenvertretern ist der Start nicht mehr allzu weit entfernt und scheinbar hapert es derzeit nur noch an technischen Details und diese Technik hinter dieser Allianz ist gar nicht mal so trivial, denn dabei geht es primär um individuelle Einwilligungen für Targeting und Tracking von Marketinginformationen über den Nutzer sowie um Rechtevergaben. Zudem steht die Frage im Raum, welche der Partner auf welche Informationen einen Zugriff erhalten soll, denn all die Daten, die der Kunde zB bei About You hinterlässt, sollen nicht auch Zalando oder anderen Händlern gleichzeitig zur Verfügung stehen und auch umgekehrt. Die Aufgabe der Login-Allianz ist hierbei, dass diese nur das Clearing übernimmt, sie also festlegt, ob die Zugangsdaten korrekt sind und auch, welche Daten über einen bestimmten Nutzer auf welcher Webseite gesammelt und an wen dann weitergegeben werden dürfen. Der Datenschutz bedarf hier also noch einiger Regelung.
In der kommenden Woche zur Dmexco wird man bestimmt detailliertere Informationen erhalten und möglich wäre es, dass man auf der einen Seite auch noch von weiteren Partnern erfährt, die an dem bis dato mehr eCommerce-haltigen System beteiligt sind. – Auf der anderen Seite wäre dies jedoch der angestrebte Startzeitpunkt gewesen.
NetID und seine liebe Konkurrenz
Es bleibt nun zu hoffen, dass es mit NetID besser funktionieren könnte als es das mit dem in Konkurrenz stehenden Dienst von Verimi tut – welches natürlich nicht von den beiden Betreiberkonsortien als Konkurrenz verstanden wissen will. Auch einige Monate nach dessen zögerlichem Start hat der von Axel Springer, Daimler, Allianz, der Deutschen Bank und noch so einigen anderen weiteren großen Partnern gelaunchte Service eher weniger Akzeptanz bei seinen Kunden gefunden, welche sich die Initiatoren wohl eher gewünscht haben dürften, mehr noch – es sorgt vermehrt durch Personalveränderungen für Schlagzeilen in den Medien! In der Vergangenheit hat der Geschäftsführer der United Internet Media, Jan Oetjen, es mehrfach explizit auf den Punkt gebracht, welch hohen Stellenwert ein solcher SSO-Service für die Internetwirtschaft in Deutschland hat und haben wird, indem er erklärt, dass er alle interessanten digitalen Technologien aus Europa hat auswandern lassen und ihnen nun nur noch die Kundennähe und damit also auch die Daten blieben. Dies sei ihre allerletzte Chance, sagte er weiter.
Ein Single-Sign-on-Standard mit deutscher Handschrift wäre tatsächlich ein gutes Gegengewicht zu Facebook- und Google-eigenen Diensten, welche den Aspekt des Trackings eher im Blick des Serviceanbieters auslegen. So erhielte der Kunde die Möglichkeit, seine Rechte individuell zu vergeben und ebenso die hohe Anzahl der miteinander in Konkurrenz stehenden Shops würden schon allein aus Futterneidgründen darauf dringen, dass jeder nur die Daten erhält, die ihm zustehen. Im Gegensatz zu Verimi besitzt das NetzID-Konsortium jedoch auch einen Ass mehr im Ärmel, nämlich in Form von RTL und Pro-Sieben-Sat.1, welche das Projekt von Anfang an mit der entsprechenden Medialeistung vorantreiben können. Ebenso verfügt auch United Internet mit GMX und Web.de über weit mehr als 30 Millionen aktiv verwendete Nutzerkonten (als „in den letzten 30 Tagen abgerufen“ definiert) und ist so nicht nur dazu in der Lage, eine hohe Anzahl an Kunden einzubringen, sondern auch das System über die eigenen Dienste populär machen zu können.
Letztendlich bleibt abzuwarten, wer sich von den beiden – NetID oder Verimi – durchsetzen wird und ob überhaupt einer der beiden. Am Ende ist der Internetnutzer der Verlierer. Als Fazit bleibt zu sagen, dass es nicht ganz klar ist, warum NetID und Verimi nicht zueinander finden können, doch offensichtlich ist, dass beide dieser Systeme mit verschiedenen Ansätzen entwickelt werden, welche zukünftig eher nicht zueinander passen und so doch an den beiden Standards kein Weg vorbei führen wird.